dorfkartoffel.com

frankfurt. welt.

Trujillo

Ich hatte die letzten Tage keine Zeit/Muße/Energie um zu Schreiben, was mich natürlich ERHEBLICH in meinem Zeitplan zurückwirft. Aber genug der Einleitung, los gehts!

Wieso eigentlich?

Wären wir von Norden (also Ecuador) gekommen, wäre Trujillo mit Sicherheit auch eine Zwischenstation gewesen, es war also nur logisch, dort vorbeizufahren. Außerdem wollten wir nicht den gleichen Weg von Huaraz zurück nach Lima fahren, was nicht viele weitere Optionen offenlässt.
Es stand kurz zur Diskussion, ob wir die Anden überqueren und hier im Norden des Landes in den Nebelwald aka Hochlanddschungel fahren (via Cajamarca, Chachapoyas), wir haben uns dann aber dagegen entschieden. Von Huaraz führt keine direkte Route dorthin, außer man schlägt sich mit Tag-zu-Tag Buchungen in örtlichen Unterkünften herum (keine Garantie für ein freies Bett) und benutzt aneinandergereihte Kurzstrecken-Verkehrsmittel (z.B. Minivans). Die Gefahr, mitten in der Nacht in irgendeinem Dorf zu stranden, war uns dann aber zu hoch, insbesondere bei den sehr niedrigen nächtlichen Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt.
Von Trujillo fährt zwar ein Bus nach Cajamarca und von dort weiter nach Chachapoyas, die Reisezeit für einen Weg beträgt aber über 24 Stunden. Wir haben dann abgewogen ob das Reiseziel den Aufwand wert ist (ist es nicht) und den Plan dann ganz fallengelassen.

Eine Busfahrt, die ist lustig…(Nein).

Wir fuhren mit Linea, da Cruz del Sur (die zuverlässigste und sicherste Busfirma) keine Verbindungen zwischen Huaraz und Trujillo anbietet. In Komfort und Sicherheit macht man da keine großen Abstriche, wir waren trotzdem sehr unzufrieden. Zum einen hielt der Bus irgendwo in einem Bergdorf für einen kurzen Einkauf und es gab es eine halbstündige Mittagspause in einem anderen Bergdorf, die wir auf der Straße verbrachten (nur Fleischgerichte). Immerhin schien die Sonne und es war nicht mehr ganz so kalt draußen.
Der wahre Grund für die Unzufriedenheit waren aber die folierten Scheiben des Busses, ähnlich der bunten Außenwerbung über Fensterscheiben an Fahrzeugen des ÖPNV. Während mich der Ausblick der Straßenbahn 15 auf der Münchener Straße in Frankfurt herzlich wenig interessiert, ist diese Lochfolie bei einer achtstündigen Überlandfahrt einfach nur im Weg. Man sieht nichts. Schade.

Die Ankunft

Wir erreichten Trujillo kurz vor Einbruch der Dunkelheit am riesigen (unbelebten) Busterminal. Nach einer kurzen Toilettenpause benutzte ich die inDrive App (ähnlich Uber), um ein Taxi zu unserem Hostel zu finden. Das ging relativ schnell und war auch recht günstig.
Der Besitzer des Hostels, Felipe, hat uns sehr freundlich empfangen. Überhaupt war das ein sehr netter Mensch und seine ganze Ausstrahlung war auf Anhieb sympathisch. Er wollte sich auch so gerne Unterhalten, was leider an der Sprachbarriere scheiterte. Unser Spanisch war auf dem gleichen Level wie sein Englisch. Mit Hand und Fuß ging das alles ganz gut, Übersetzungen mit dem Smartphone haben auch geholfen. Andere Gäste saßen, laut Reviews, gerne mit ihm für ein Bierchen am Tisch und haben sich unterhalten. Das konnten wir leider nicht liefern.

Felipe hat auf jeden Fall einen Putzfimmel: Er hat jeden Tag die ganze Bude geputzt, gewischt und den Holzboden gewienert. Im Grunde ist das ja sehr vorbildlich, manchmal hatte ich aber schon „Angst“, etwas schmutzig zu machen bzw. hatte ich ein schlechtes Gewissen bei jedem kleinen Wasserfleck auf dem Boden.

Um die Ecke gab es eine Pizzeria mit sehr guten Bewertungen, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und unseres Energielevels sind wir dort zum Abendessen eingekehrt. Der Service und die Preise waren über peruanischem Durchschnitt, die Pizza lag leider darunter. Satt waren wir trotzdem, es war also „okay“.

Die Stadt

Am nächsten Morgen, es gab kein Frühstück bei Felipe, haben wir uns etwas zu Essen gesucht (es war in Ordnung) und die Stadt auf eigene Faust erkundet.
Trujillo ist für internationale Touristen eher nicht bis mäßig interessant, dementsprechend gibt es da auch kein großes Angebot, so zum Beispiel auch keine englischsprachige Stadttour. Wir sind die Einkaufsstraßen langgeschlendert und haben uns schlussendlich auf den Hauptplatz, Plaza de Armas, hingesetzt und die Leute beobachtet.
Laut Lonely Planet ist der Platz einer der schönsten in Südamerika. Mir fehlen da jetzt viele Referenzen, aber es war ganz nett dort zu sitzen. Der sehr, sehr glatte Steinboden ist vielleicht erwähnenswert, weil Besonders.

Wir haben das Treiben lange beobachtet, die Straßenhändlern bei ihrer Arbeit zugesehen, beobachtet wie der Platz sich mit Familien, Kindern, Paaren und Gruppen füllt und jeder seiner Freizeit nachgeht. Manche der freischaffenden Fotografen auf dem Platz machten ein gutes Geschäft mit ihren Bildern, manche der Händler verkauften besser als Andere.
In regelmäßigen Abständen kam die Polizei auf den Platz gelaufen, was immer kurz für Hektik sorgte: Alle Straßenhändler nahmen die Beine in die Hand und verließen den Platz in irgendeine Richtung, auf die andere Straßenseite. Kaum war die Polizei wieder weg, kamen sie zurück auf den Platz. Das Schauspiel wiederholte sich mehrfach und war sehr lustig anzusehen.

Die Stadt an sich ist kein Schmuckstück, die spanische Kolonialarchitektur der Innenstadt war nach dem hässlichen Höllenloch Huaraz aber ein sehr versöhnlicher Anblick für meine Augen.

Huanchaco

„Beautiful Beaches, beautiful town!“, so oder so ähnlich wurde uns Huanchaco empfohlen, ein Ort am Meer, ca. 20 Minuten mit einem öffentlichen Bus entfernt. Im Lonely Planet und auf manchen Blogs wurde sogar gesagt, man sollte lieber dort schlafen, statt in Trujillo, weil es so ein gemütlicher Strandort ist. Ich hatte große Lust, mich am Strand gemütlich in eine Bar zu setzen und einfach mal ein paar Stunden zu entspannen, vielleicht ein bisschen Lesen, die Seele baumeln lassen.

Wo soll ich anfangen?

Abgesehen von der Hauptstraße gibt es dort nur unbefestigte Schotterwege, unverputzte Häuser, jede Menge Staub, Müll auf der Straße, zweifelhafte Gastronomie. Die Hauptstraße aka Strandpromenade ist sehr schmutzig, unordentlich und einfach hässlich. Der Strand ist unaufgeräumt und bietet leider auch jede Menge Müll. Vielleicht sollten die Leute, die diesen Ort empfehlen, ihren Alkohol- und Drogenkonsum zwischendurch auch mal unterbrechen um den Ort nüchtern zu betrachten. Darüber hinaus war da auch einfach nicht viel los, die Gastronomie an der Promenade auch nicht besonders einladend bzw. der Ausblick auch einfach nicht schön.

Der Holzsteg auf dem zweiten Bild war übrigens gesperrt, weil baufällig. Aus der Nähe sah er auch aus, als hätte man ihn nach 20 Jahren aus der Tiefsee geborgen.

Wir sind nach ca. anderthalb Stunden wieder in den Bus zurück nach Trujillo gestiegen und haben Huanchaco mehr oder minder fassungslos hinter uns gelassen. Ich kann mir die riesige Diskrepanz zwischen Realität und Lektüre nur durch Covid erklären. Möglicherweise sah das dort 2019 noch alles viel netter aus, besser gepflegt und war auch lebendiger. Die Pandemie hat ja weltweit ihre Spuren hinterlassen, zwei Jahre ohne Tourismus in einem Tourismusort kann natürlich fatal sein.

Chan Chan

Am nächsten Tag haben wir Chan Chan besucht, eine Ausgrabungsstätte einer Prä-Inka Kultur. Wikipedia schreibt dazu folgendes:

Die Stadt entstand etwa um 1300 und erstreckt sich noch heute über eine Fläche von 28 km². Sie war wahrscheinlich die größte Stadt der damaligen Zeit auf dem südamerikanischen Kontinent und eine der größten der Welt, die aus Lehm (Adobe) errichtet wurde. Zu ihrer Blütezeit beherbergte die Stadt etwa 60.000 Einwohner und hatte ein ansehnliches Vermögen an Gold, Silber und keramischen Kunstgegenständen angehäuft.

Chan Chan konnte von den Inkas mit militärischer Gewalt nicht besiegt werden. Deshalb leiteten die Angreifer im Jahr 1470 den durch die Oase fließenden Río Moche um, sodass die Einnahme der Stadt durch die bald eintretende Wasserknappheit möglich wurde.

Nach der Eroberung durch die Inkas verlor die Stadt ihre Bedeutung. Die Stadt wurde von ihnen nicht zerstört, weil sie mehr Wert auf Expansion als auf Reichtum legten. Das änderte sich aber schlagartig, als die Spanier das Inkareich eroberten. Von der Chimú-Kultur blieb nicht viel übrig.

https://de.wikipedia.org/wiki/Chan_Chan

Die Ausgrabungsstätte liegt auf halbem Weg nach Huanchaco, wir haben also den gleichen Bus wie am Vortag genommen und dem Busfahrer gesagt wo wir hinwollen. Zur Erinnerung: Es gibt keine Haltestellen, man winkt dem Bus zum Einstieg und ruft, wenn man aussteigen will.
Von der Straße waren es noch ca. 15 Minuten Fußweg durch die „Wüste“, die eigentlich den gesamten peruanischen Küstenstreifen durchzieht.

Auf dem Weg zur Ausgrabungsstelle sieht man, links und rechts der „Straße“, viele Gebäude/Pyramiden/Strukturen, die ebenfalls zur ehemaligen Stadt gehören. Sie sind (noch) kein Teil der offiziellen Ausstellung, die Erschließung der gesamten Anlage könnte noch Jahrzehnte dauern, falls überhaupt gewollt. Es wird übrigens davor gewarnt, diese Strukturen selbstständig zu erkunden: Es kam dort wohl schon öfter zu Überfällen und Raub.
An der eigentlichen Ausgrabung haben wir den Eintritt bezahlt und kurz überlegt, ob wir die Dienste eines Führers in Anspruch nehmen. Die stehen da rum, können verschiedene Sprachen und arbeiten de facto freiberuflich. Wir haben uns das Geld allerdings gespart, da im Reiseführer ein ausführlicher Text stand, der uns vollkommen ausreichte.

Anschließend sind wir von der Ausgrabungsstätte ca. 1,5 Kilometer in das Museum gelaufen, wo ein paar Fundstücke (Kleidung, Schmuck, Gefäße) ausgestellt sind und man noch ein paar Vermutungen zur Chimú-Kultur nahegebracht bekommt. Auch hier nur auf Spanisch, aber Texte kann man mit Hilfsmitteln ja ganz gut erfassen.

Ich fand den Tag ganz gut, der Ausflug war interessant und der Umfang der Ausgrabung und des Museums war genau richtig. Wir waren gegen 16:00 Uhr fertig mit allem und sind zurück nach Trujillo.

Zurück nach Süden

Der Weg nach Süden führt unweigerlich wieder über Lima. Von Trujillo sind das schon 10 Stunden mit dem Bus, es ist also nur logisch, dass wir wieder einen kurzen Aufenthalt in Miraflores einschieben.
Die Recherche nach dem Bus ergab, dass es nur Nachtbusse zurück nach Lima gibt. Da es in Trujillo eigentlich nichts mehr für uns zu erledigen gab, entschlossen wir uns für den Nachtbus in unserer letzten gebuchten Nacht im Hostel, statt noch einen ganzen Tag (ohne Zimmer) in der Stadt zu verbringen. Wir haben also ein paar Stunden im Zimmer verbracht und uns ausgeruht, geduscht, Zähne geputzt und haben dann gegen 23:00 Uhr ausgecheckt. Mit dem Taxi sind wir in wenigen Minuten zum Terminal von Cruz del Sur gefahren und dort um 23:30 Uhr mit dem Nachtbus in Richtung Lima aufgebrochen.

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

© 2024 dorfkartoffel.com

Thema von Anders Norén