Wir fuhren, wieder mit Cruz del Sur, von Paracas nach Ica. Dort hatten wir vier Stunden Aufenthalt, bis zur Abfahrt unseres Busses nach Arequipa. Wir wollten die Zeit für ein Mittagessen nutzen und unsere großen Taschen direkt für den späteren Bus wieder einchecken. In Lima war das kein Problem, wir hielten das für einen generellen Service des (renommierten) Busunternehmens. Das Terminal in Ica war nun natürlich erheblich kleiner, dementsprechend lehnte der Mitarbeiter am Gepäckschalter auch gleich ab, schüttelte den Kopf und gab uns zu verstehen, dass wir erst eine halbe Stunde vor Abfahrt die Tasche abgeben können.
Plan gescheitert
Das war natürlich mies. Draußen schien die Sonne, es waren fast 30°C und unsere großen Rucksäcke haben ein Gewicht von 15kg und 19kg, dazu kommen noch die kleineren Rucksäcke mit Kamera, Laptop und so weiter. Natürlich haben wir keine Lust, das ganze Zeug bei der Hitze kilometerweit durch die Stadt zu tragen. Wir haben uns also erstmal im Terminal hingesetzt und überlegt, was wir nun machen.
Mitleidiger Sicherheitsmann
Der Sicherheitsmitarbeiter, ein älterer Herr, hat sich das eine halbe Stunde angeschaut (inklusive unserer enttäuschten Gesichter), kam dann schließlich zu uns und fragte uns mit Spanisch, Gestik und Mimik, wieso wir die Taschen denn nicht abgeben würden. Wir haben ihm erklärt, dass uns der Mitarbeiter nicht lässt. Er schaute erstaunt, nickte und ging zum Gepäckschalter. Nach einer kurzen Unterredung winkte er uns zum Gepäckschalter, wo wir unsere Taschen abgeben konnten. Wir atmeten auf und waren dem Mann sehr dankbar. Interessante Randnotiz: Wir bekamen eine „Gepäckaufbewahrungsquittung“ aus einem vorgedruckten Block. Den Service gibt es also wirklich, da hatte nur jemand keine richtige Lust, sich seinen kleinen Bereich mit großen Taschen zuzustellen.
Wir fanden ein vegetarisches „Menu del Dia“ Restaurant, die für sehr kleines Geld ein täglich wechselndes Menü anbieten. Hier gab es zusätzlich noch ein paar Gerichte von einer dauerhaften Speisekarte. Ich hatte „Bistek a la pobre“, also ein „Beefsteak für arme Leute“: Ein sher würziges Sojasteak, Kartoffeln, Kochbananen und Reis, obendrauf ein Spiegelei. Mir war vorher auch nicht bewusst, wie hoch man Essen auf einem Teller stapeln kann. Dazu eine frische Bananenmilch. Miriam hatte das komplette Menü, ihr Teller war ebenfalls übervoll. Bezahlt haben wir für alles zusammen keine 10 EUR und waren pappsatt.
Anschließend zurück zum Busterminal, einchecken, einsteigen und losfahren.
Nun aber: Arequipa
Wir kamen am frühen Morgen in Arequipa an und nutzen ein Taxi, um zu unserem Hostel zu kommen. Der Busbahnhof ist schon ziemlich weit außerhalb und es gab keine Alternative, die wir auf Anhieb verstanden hätten.
Arequipa war eine der prächtigsten Kolonialstädte und ist ein wahres Highlight in Peru. Wikipedia schreibt dazu:
Arequipa ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region im Süden des südamerikanischen Anden-Staates Peru und stellt das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum in diesem Landesteil dar. Arequipa ist Sitz eines Erzbistums.
In der Stadt sowie dem 11,5 km² großen Distrikt gleichen Namens lebten beim Zensus 2017 55.437 Menschen.[1] Im Ballungsraum betrug die Einwohnerzahl 1.008.290.[2][3] Die UNESCO erklärte 2000 das Stadtzentrum von Arequipa zum Weltkulturerbe.
Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung, die bislang in der Umgebung Arequipas gefunden wurden, datiert man auf die Zeit zwischen 8000 v. Chr. und 6000 v. Chr. Über 400 archäologische Orte wurden bis heute registriert. Darunter befinden sich die Höhlenzeichnungen in Sumbay und Pampa Colorado.
Ab etwa 1250 brachten die Inkas die Gegend um Arequipa unter ihren Einfluss, bis 1537 der spanische Konquistador Diego de Almagro die Umgebung eroberte und Garcí Manuel de Carbajal am 15. August 1540 die Stadt Villa de Nuestra Señora de la Asunción del Valle Hermoso de Arequipa als spanische Residenz gründete, die später kurz Arequipa genannt wurde.
Der Name der Stadt leitet sich mutmaßlich von dem Quechua-Ausspruch „are quepay“ (zu deutsch: „Bleiben Sie!“) ab, den der Inka Mayta Cápac bei seiner Ankunft im Tal des Rio Chili getan haben soll. 1541 erhielt sie vom spanischen König Karl V. die Stadtrechte. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich Arequipa zur Handelsstadt zwischen der Küste und den Anden. Besonders wichtig war hierfür auch das Colca-Tal mit der ergiebigen Landwirtschaft. In der Umgebung wurde zudem intensiv Bergbau betrieben sowie Wein und Wolle produziert. Mit Einführung der Eisenbahn, die ab 1870 bis zum Seehafen Matarani fuhr, und 1904 den Anschluss zu den Städten Cusco und Puno herstellte, stieg die Bedeutung Arequipas als Handelsstadt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Arequipa
Unser Hostel lag mitten im historischen Zentrum in einem alten Haus mit wunderschönem Innenhof. Wir haben uns auf Anhieb wohl gefühlt und hatten den Eindruck, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Das ist inbesondere deshalb etwas Besonderes, weil wir uns hier so schwer wie selten damit getan haben, eine Unterkunft zu buchen. Die Auswahl war einfach zu groß und wir haben uns ein bisschen im Lesen von Reviews verloren.
Wir waren natürlich viel zu früh für den Check-In, war aber auch nicht so schlimm. Wir haben die Taschen abgestellt und sind frühstücken gegangen.
Was für ein Frühstück!
Das Frühstück ist für mich die schönste Mahlzeit des Tages. Ich lasse es während einer normalen Arbeitswoche eigentlich jeden Tag weg, liebe es aber am Wochenende und vor allem im Urlaub. Ich bin ein leidenschaftlicher Frühstücker und kann das richtig zelebrieren. Zufälligerweise lag gegenüber unseres Hostels ein Frühstückslokal mit den besten Bewertungen der gesamten Innenstadt von Arequipa. Selbstredend sind wir natürlich dort hin und ich habe das wohl beste Frühstück des gesamten Trips gehabt. Frischer Saft, Pancakes mit Bananen und Nüssen und einen Avocadotoast mit Ei. Die Portionsgrößen waren superb, der Geschmack ebenso und der Preis war unschlagbar. Dazu eine sonnige Dachterrasse und wunderbares Wetter -die Strapazen der Nachtbusfahrt waren schnell vergessen.
Die Stadt
Wir haben uns mehrere Tage hier aufgehalten und ich weiche von einer chronologischen Erzählung ab, weil es den Rahmen einfach sprengen würde.
Die Innenstadt von Arequipa zeichnet sich durch ihre vielen Kolonialgebäude und Innenhöfe aus, die meisten davon mittlerweile in gastronomischer Verwendung. Oft finden sich so ein Café, ein Restaurant und eine Bar im gleichen Innenhof und teilen sich den Außenbereich, manchmal wird das auch ergänzt durch einen kleinen Laden. Das ist auf Anhieb sehr gemütlich und unterstreicht den entspannten Charakter der Altstadt.
Außerhalb der wenigen Blocks verliert Arequipa ganz schnell seinen europäisch geprägten Kolonialstil und die oben erwähnte Entspannung, das ganz normale peruanische Städtechaos darf natürlich auch hier nicht fehlen.
Die Free-Walking-Tour, an der wir teilgenommen haben, war sehr politisch und der Führer war sehr eigen, aber durchaus sympathisch. Er ist nicht ganz glücklich mit der lokalen Regierung, unter anderem weil sie eine erhebliche Mitschuld am Verfall vieler alter Gebäude tragen. Die Kosten sind, laut seiner Aussage, durch Auflagen und Korruption so hoch, dass niemand investiert und die Häuser langsam verrotten. Das finde ich sehr schade, ungeachtet ob seine Begründung wahr ist oder nicht, denn möglicherweise wird in den nächsten 20 Jahren nicht mehr viel an ursprünglicher Bausubstanz übrig sein, wenn nicht gehandelt wird.
Nur wenige Minuten vom Stadtzentrum entfernt befindet sich ein (kostenloses) Museum eines der größten Textilherstellers des Landes. Hier dreht sich alles um Lama und Alpakas bzw. deren Fell und Weiterverarbeitung, inklusive Streichelzoo:
Das Essen
Die Auswahl an Restaurants hat sich mit dem Beginn der „touristischen Route“ ab Paracas natürlich verbessert, Arequipa kann aber locker mit Lima (Miraflores) mithalten. Nach einer kurzen Suche sind direkt ein paar vegetarische/vegane Restaurants aufgeploppt. Während ein Restaurant ihre vegane Interpretation von peruanischer Küche mit Burgern und Pizza unterstützt hat, gab es ein Restaurant mit einem anderen Konzept: Ordentliche Restauranterfahrung mit ausnahmslos peruanischen Gerichten. Das ist ein krasses Kontrastprogramm zum veganen Hipster-Streetfood oder dem Mittagslokal von Mama Juanita und weckte natürlich sofort mein Interesse.
Ich wollte eigentlich Receta de rocota relleno arequipeño bestellen, eine gefüllte Art von scharfer „Paprikaschote“ (Rocoto). Die ist hier ganz berühmt und das Gericht ist für Arequipa, was die grüne Soße für Frankfurt ist. Leider war es nicht verfügbar. Hmpf.
Nach einer kurzen Denkminute habe ich mich für das Chicharron entschieden, serviert mit einer vegetarischen Ceviche.
Es sieht überhaupt nicht toll aus, aber es hat so abgefahren gut geschmeckt, ich hätte es jeden Tag essen können. Der Fleischersatz, der auf dem Bild sehr trocken aussieht, war so gut gewürzt und saftig, die Kombination mit der sauren Ceviche (aus Pilzen, Zwiebeln und Zitrone) bildete ein so großes Geschmacksspektrum ab -ich habe es geliebt.
An einem anderen Tag versuchte ich es nochmal, die Rocoto zu probieren -leider erfolglos.
In jedem Falle bleibt mir Arequipa als Stadt mit tollen Restaurants und schönen Cafés in Erinnerung -und natürlich der schönsten Altstadt in ganz Peru (großes Sorry an Cusco an dieser Stelle).
Colca-Canyon
Ganz in der Nähe befindet sich der Colca-Canyon, einer der tiefsten Canyons der Welt (bis 2000m Tiefe). Es gibt verschiedene Touren, am beliebtesten ist die Zwei-Tages-Tour, wobei mir deren Beliebtheit schleierhaft ist: Man verbringt einen Tag damit, über 1500 Höhenmeter abzusteigen, schläft dann im Tal und läuft am nächsten Tag 1500 Höhenmeter wieder nach oben. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Vor allem darf man nicht vergessen, dass der tiefste Teil des Canyons noch immer auf 2000 Metern über dem Meeresspiegel liegt, das ist also kein Kinderspaziergang.
Wir entschieden uns für eine Tagestour mit mehr fahren und weniger laufen. Aufgrund des laaaaangen Tagesausflugs, wurden wir mitten in der Nacht abgeholt. Ich bin mir nicht mehr sicher, es müsste irgendwann zwischen zwei und vier Uhr gewesen sein.
Der erste Stopp war eine Aussichtsplattform mit Blick auf die umliegenden Vulkane. Die Sonne ging gerade auf, es war unfassbar kalt (kurze Hose und Pullover) und wir machten ein paar Fotos.
Schnell wieder ins Auto und weiter. Der nächste Stopp war ein Ausflugslokal zum gemeinsamen Frühstück (das war inklusive). Es gab das übliche Andenbrot und Marmelade. Hier durfte ich dann auch ein typisches „Frühstücksgetränk“ kennenlernen. Quinoa, Äpfel und Gewürze (Nelken in jedem Falle), richtig matschig zerkocht und mit Wasser verdünnt. Das ergibt eine dicke Flüssigkeit, die man heiß/warm zum Frühstück trinkt. Die Konsistenz war fürchterlich, mir hat es aber ganz gut geschmeckt. Darüber hinaus hat es sich bei der Kälte ganz angenehm angefühlt, die Gewürze machten es auch gleich irgendwie winterlich.
Wir stoppten bei der Fahrt durch das Colca-Tal an verschiedenen Aussichtspunkten und machten auch eine kleiner Wanderung, so ganz ohne Bewegung verlief das also nicht. Die Aussicht war jedes Mal atemberaubend, vor allem die vielen verschiedenen Grüntöne und die schier endlose Landschaft. Mit Bildern lässt sich das leider nicht so gut vermitteln.
Sicherlich ein Highlight der Tour bzw. einer der Gründe, weshalb man überhaupt dort hinfährt, ist der Andenkondor. Mit Spannweiten von bis zu 3 Metern, ist er einer der größten Vögel der Welt. Wir bekamen auch einige zu Gesicht, fotografieren ist aber gar nicht so einfach.
Wir besuchten dann noch heiße Quellen, in denen wir kurz baden konnten, und fuhren dann zurück in einen etwas größeren Ort, an dem es die Möglichkeit gab, an einem Mittagsbuffet teilzunehmen. Wir haben das Buffet nicht wahrgenommen (zu fleischlastig) und gingen stattdessen im Ort spazieren. Nach einer Stunde ging es wieder in den Bus und wir fuhren zurück nach Arequipa. Dort kamen wir gegen 18:30 wieder an, es war also ein extrem langer Tag. Wir waren mit der Tour sehr zufrieden und haben auch in keiner Sekunde bereut, nur die Tagestour gemacht zu haben.
Ein Fazit
Für mich ist Arequipa die schönste Stadt in ganz Peru und auf jeden Fall eine Reise wert. Ich habe auf unserer Reise viele getroffen, die Arequipa aus Zeitgründen übersprungen haben, was ich persönlich für einen Fehler halte. Selbst wenn man es eilig hat, ein bis zwei Nächte sollten hier schon drin sein. Es lohnt sich.
Unsere Reise geht nun weiter nach Cusco, mal wieder mit dem Nachtbus. Machu Picchu rückt näher…