Sicherlich eines der Highlights eines jeden Besuchs in Peru, ein „must-have“, unabdingbar, unbedingt. Niemand kann eine (touristische) Reise nach Peru planen und diese Sehenswürdigkeit ignorieren. So ist der Hype, so sagt man. Aber fangen wir mal von vorne an…
Was ist das überhaupt?
Ich habe den Wikipedia-Artikel für euch alle mal zusammenfassen lassen, damit auch jeder weiß, worum es hier eigentlich geht. Wen das nicht interessiert, einfach bis zur nächsten Überschrift weiterscrollen. Und ja, ich habe das nicht selbst geschrieben. Ich bin für sowas zu faul. Willkommen in der Neuzeit!
Machu Picchu ist eine präkolumbische Inka-Stadt, die im 15. Jahrhundert in den peruanischen Anden auf einem Bergrücken in der Region Cusco errichtet wurde. Der amerikanische Archäologe Hiram Bingham machte die Stätte 1911 international bekannt. Die genaue Funktion von Machu Picchu ist nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und Diskussionen, doch es wird vermutet, dass es sich um eine königliche Residenz mit religiösen und astronomischen Bezügen handelt.
Die architektonische Struktur von Machu Picchu reflektiert die fortgeschrittenen Bautechniken der Inka und zeugt von einem hohen Maß an Ingenieurskunst. Die Stadt besteht aus beeindruckenden Steinterrassen, Tempeln und Palästen, die harmonisch in die natürliche Topografie integriert sind. Die Präzision der Bautechniken und die Anordnung der Gebäude weisen auf ein tiefes Verständnis für astronomische Phänomene und landwirtschaftliche Aspekte hin.
Machu Picchu liegt in einer einzigartigen Landschaft, umgeben von steilen Bergkämmen und dem Urubamba-Fluss. Aufgrund seiner historischen und architektonischen Bedeutung wurde die Stätte 1983 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und 2007 in die Liste der Neuen Sieben Weltwunder aufgenommen. Der steigende Tourismus hat zu Herausforderungen im Hinblick auf Erhaltungsmaßnahmen geführt, und verschiedene Initiativen werden unternommen, um die nachhaltige Bewahrung dieses kulturellen Erbes sicherzustellen.
Die wissenschaftliche Forschung und Erhaltungsbemühungen an Machu Picchu bleiben fortlaufend, da Fachleute bestrebt sind, die Rätsel dieser faszinierenden archäologischen Stätte zu entschlüsseln und ihre langfristige Bewahrung zu gewährleisten.
ChatGPT ZUsammenfassung nach https://de.wikipedia.org/wiki/Machu_Picchu
Viele Wege führen nach Rom
Nur drei Wege führen nach Machu Picchu Pueblo bzw. Aguas Calientes, dem Ort, der als unvermeidbare Basis für Ausflüge zur Sehenswürdigkeit genutzt werden muss: Fuß, Zug oder Bus.
Die Reise zu Fuß
Eine der bekanntesten Möglichkeiten, Machu Picchu zu besuchen, ist der sogenannte „Inka-Trail“. Das ist ein mehrtägiger, anstrengender Fußmarsch durch das umliegende Gebirge. Die Nächte verbringt man in der Gruppe in Zelten. Was sehr anstrengend klingt, wird ein bisschen durch den Fakt abgemildert, dass die Touren geführt sind, das Gepäck getragen wird, die Zelte auf- und abgebaut werden und auch das Kochen von den Träger*innen übernommen wird. Gehen muss man aber noch selbst, ich habe gehört, das sei anstrengend genug. Für den Inka-Trail gibt es nur ein bestimmtes Ticket-Kontingent und man muss viele Monate im voraus buchen und sich auch ein bisschen spezieller auf die Reise vorbereiten. Das war also zu keinem Zeitpunkt eine Option für uns.
Die Reise mit dem Zug
Sicherlich die komfortabelste und einfachste Art, Machu Picchu zu besuchen. Wie das mit dem Komfort so ist, aber auch die teuerste. Und teuer meint hier nicht „ein bisschen mehr als üblich“, sondern teuer beschreibt hier „unverschämt überzogen“. Die eigentliche Zugfahrt führte von Cusco über Ollantaytambo bis nach Aguas Calientes, dauerte ca. 2 bis 3 Stunden und kostete zwischen $70 und $180 USD, je nach Ticketkategorie und Uhrzeit. Aufgrund eines Erdrutsches ist die Strecke zwischen Cusco und Ollantaytambo aber nicht mehr passierbar, deshalb werden bis Ollantaytambo Minibusse eingesetzt, ab dort wird dann der Zug benutzt. Es gibt dort keine Alternativen zu den Gleisen, weshalb die Eisenbahn eine absolute Monopolstellung besitzt. Man munkelt, der Einsatz der Busse sei wirtschaftlicher, als die gesamte Fahrt mit dem Zug. Da wundert es nicht, dass die Folgen des Erdrutsches nach so vielen Jahren noch nicht behoben worden sind…
In jedem Falle haben wir uns gegen den Zug entschieden. Für beide Strecken wären das mindestens $140 USD pro Person gewesen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber weitaus mehr, weil wir nach attraktiveren Zeiten hätten schauen müssen.
Die Reise mit dem Bus
Die preisgünstige Backpackeralternative ist ein Bus und die Route hört landläufig auf den Namen „Hidroeléctrica“, aufgrund des namensgebenden Wasserkraftwerkes am Ende der Busfahrt. Die Busfahrt dauert sechs Stunden, quält sich durch staubige, enge Pisten an Berghängen an einer Schlucht entlang und am Ende darf man noch 11km zu Fuß gehen. Die Kosten belaufen sich auf $15 USD pro Person. Noch Fragen?
Die Situation mit den Tickets
Der Transport ist nur die eine Seite der Geschichte, mindestens genau so wichtig ist die Frage nach dem Eintritt. Während sich Transportfragen am Ende immer mit Geld lösen lassen, sieht das bei den Tickets leider anders aus. Grundsätzlich sind die nämlich personalisiert (Passnummer) und nicht übertragbar. Ich möchte hier für folgende Besucher darauf hinweisen: Sie sind NIEMALS übertragbar, egal, was man irgendwo liest. Alles Lügen.
Die einfachste Möglichkeit (und FAST die einzige, die es gibt) ist der Kauf von einem der rund 4000 (die Zahl variiert laufend) Tickets am Tag über die offizielle Ticketseite. Wir haben uns das auch so vorgenommen, waren aber ein bisschen naiv. Für unseren Reisemonat, Oktober, gilt der Andrang für Machu Picchu eigentlich als human, die Hauptsaison ist vorüber. In diesem Jahr war aber alles anders, der Andrang weiterhin sehr groß und unser Ausflug auf die Website sehr ernüchternd: Es gab nichts. Nächster freier Slot lag im November, fast einen Monat später. Das war für uns natürlich nicht machbar, womit sollten wir denn vier Wochen unsere Zeit vertrödeln? Weiterreisen und wiederkommen? Zu umständlich. Wir haben sogar kurz überlegt, Machu Picchu dann einfach sein zu lassen, weil wir uns nicht rechtzeitig gekümmert haben. Ich sage euch, das waren sehr ärgerliche Momente. Wir wussten ja, dass man sich vorher um Tickets bemühen muss. Aber vier Wochen vorher? Das haben wir wirklich nicht erwartet. Davon abgesehen hätten wir vor vier Wochen aber auch nicht sagen können, wo wir uns rumtreiben, da Peru dann irgendwie doch mehr Zeit in Anspruch nimmt, als ursprünglich veranschlagt.
Ich sagte ja, der offizielle Shop ist FAST die einzige Möglichkeit. Es gibt noch eine weitere Chance, an Tickets zu kommen. Seit einigen Jahren, und nach heftigen Beschwerden bei der Regierung, ist es dem kleinen Örtchen Aguas Calientes/Machu Picchu Pueblo nämlich erlaubt, ein Kontingent von 1000 Tickets pro Tag selbstständig zu verkaufen. Das funktioniert aber nicht online, sondern nur am Ticketschalter vor Ort. Eine kurze Recherche ergab, dass man da immer ganz gute Chancen hat, etwas zu ergattern. Wir waren guter Dinge und buchten unsere Busfahrt und ein Hostel für eine Nacht.
Unser Plan
Der Plan war einfach: Mit dem Bus dort hin fahren, anstellen und Tickets für den nächsten Morgen kaufen, Machu Picchu besuchen und am Nachmittag mit dem günstigsten Zug (für $70 USD p.P.) wieder zurückfahren. Die Rückfahrt mit dem Bus war mir zu stressig, da man zu einer bestimmten Uhrzeit wieder an Hidroeléctrica sein musste. Das war der Kompromiss zwischen Sparsamkeit und Zeitmanagement.
Durch unser durchgebuchtes Airbnb war es für uns kein Problem, nur einen kleinen Rucksack zu packen. Unterwäsche, Socken und T-Shirt für den nächsten Tag, Zahnbürste, Deo und Regenjacke – das sollte reichen. Ich packte zur Sicherheit eine Bonusunterhose ein. Man weiß ja nie.
Unsere Fahrt nach Hidroeléctrica
Wir waren pünktlich um 7:00 Uhr am vereinbarten Treffpunkt und warteten erstmal. Und warteten. Um 7:15 Uhr wurden wir dann von einer Frau angesprochen, ob wir auf den Bus warten, der würde gleich kommen. Da sie meinen Namen kannte, hatte ich keinen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zum Busunternehmen. Irgendwann gegen 7:25 Uhr saßen wir dann auch tatsächlich im Bus.
Der Bus wurde auf der Website als „modern“ und „neuwertig“ beworben, es sollte sogar WiFi geben. Nun, WiFi gab es nicht. Es gab auch keinen modernen oder neuwertigen Bus, wir saßen in einem silbergrauen Sprinter, dessen Baujahr ich auf Ende der 90er/Anfang der 00er datieren würde.
Ich hatte große Hoffnung, der Zustand des Innenraums wird durch außergewöhnliche Wartung der Reifen und Bremsen wieder wettgemacht. Zumindest habe ich mir das eingeredet. Ausblick in die Zukunft: Ich habe das hinterher reklamiert, v.a. das Werbeversprechen mit dem WiFi (nicht, das ich es gebraucht hätte) und habe 50% unserer Ticketpreise erstattet bekommen.
Wir warteten woanders in der Stadt eine gefühlte Ewigkeit auf eine Person, die noch zugestiegen ist, hielten noch zum Tanken an einer Tankstelle (kann man ja auch nicht vorher machen, Tankfüllstände sind ja leider so unplanbar) und dann schlussendlich an einem kleinen Lokal/Shop etwas außerhalb von Cusco, wo wir Zeit hatten uns ein Frühstück zu kaufen und einzunehmen. Miriam hatte ein riesengroßes Eier/Avocadosandwich, ich habe mich mit einem Kaffee zufrieden gegeben, da ich im Airbnb schon etwas gegessen hatte.
Wir schlichen die meiste Zeit der Fahrt so vor uns hin und fraßen uns in gemütlichem Tempo die Berge hinauf, ab und an unterbrochen durch eine Toilettenpause. Als wir dann endlich mal „oben“ waren, wurde der Ausblick auch viel interessanter.
Irgendwann erreichten wir einen kleinen Ort, in dem wir von diesem „Hauptverkehrsweg“ auf eine kleine Straße abgebogen sind. Hier wurde es dann abenteuerlicher. Die Straße war nur noch eine einspurige Schotterpiste, Gegenverkehr gab es vereinzelt trotzdem. Auf dem Video erkennt man es ein bisschen:
Was man gut hören kann ist die typische Musik der Anden, die ich für extrem nervtötend halte. Vor allem nach mehreren Stunden ohne Unterbrechung. Aber das nur am Rande.
Gegen Ende der Strecke hatte ich dann schon ein bisschen ein mulmiges Gefühl. Die Strecke war sehr nass (es hatte in der Nacht geregnet) und schlammig, es fuhren dort schwere Baumaschinen (weil sie einen Tunnel/eine Umgehung bauen), wir umkurvten tiefe Löcher, das ganze Fahrzeug schaukelte und ich hatte permanent das Gefühl, wir rutschen gleich den Abhang hinunter. Die Nachricht, dass im August ’22 dort ein Bus (allerdings morgens, im dichten Nebel) über 100m hinunterfiel und dabei 4 Menschen starben, habe ich zum Glück erst hinterher gelesen.
An Hidroeléctrica angekommen, vetrödelten wir keine Zeit. Andere gingen noch zum Mittagessen, bevor sie sich auf den Weg machten. Wir latschten direkt los.
Es gibt die Möglichkeit, von Hidroeléctrica einen Zug nach Aguas Calientes zu nehmen (quasi von der anderen Seite, als die anderen Züge), was Einheimische auch rege in Anspruch nehmen. Für Ausländer kostet die Fahrt allerdings nicht wenige Peso, sondern stolze $19 USD. Selbstverständlich verzichteten wir auf den Zug und wanderten die verbliebenen 11,84 km.
Wir sind relativ zügig gegangen und ich fand den Pace schon ganz gut für 1800-2000 Meter Höhe, hatten aber trotzdem Stopps für Jacke an/aus, Fotos machen, Trinken und so weiter. Im ersten Drittel wurden wir von einem jungen Trio überholt, die wahnsinnig schnell waren. So eine Geschwindigkeit hätten wir niemals durchgehalten. Ansonsten gab es keine nennenswerten Überholungen.
Ein bisschen schade, dass wir uns aufgrund des Ticketschalters so beeilen mussten, die Wanderung war, trotz des Regens, ziemlich schön.
Wir kamen dann nach etwas über zwei Stunden in Aguas Calientes an, nass vom Regen und vom Schweiß. An einem Informationsschalter fragten wir nach dem Ticketoffice, bekamen den Weg erklärt und machten uns direkt auf den Weg.
Die Schlange
Als wir um die Ecke bogen, sahen wir das Unheil schon vor uns: Es standen sehr, sehr, sehr viele Menschen in der Schlange. Wir gingen bis ans Ende und reihten uns hinter dem schnellen Trio ein, welches uns so früh überholt hatte. Das gab uns immerhin die Gewissheit, das schnelleres Gehen uns auch nicht weitergeholfen hätte. Wir warteten rund anderthalb bis zwei Stunden in der Schlange, bis wir nach vorne durchgerückt waren. Zwischendurch gab es immer mal wieder das Gerücht, es gibt keine Tickets mehr, nur noch Wartetickets für einen Ticketkauf am darauffolgenden Tag.
Es gibt Online einen Zähler für die verkauften Tickets des Tages, der zu jedem Zeitpunkt noch sehr positiv aussah und wir dachten, naja, wir werden schon noch etwas bekommen. Leider ist die Aussagekraft des Zählers hinfällig, wie wir später erfahren haben. ‚
Am anderen Ende des Tourismusbüros, in dem die Tickets verkauft werden, gab es eine weitere Schlange, wo Leute nach Uhrzeit und mit einer Nummer aufgerufen wurden. Wir erfuhren jetzt auch, was das zu bedeuten hat.
Wir bekamen am Ende unserer Schlange Wartetickets mit den den Nummern 606 und 607, die uns zum Kauf von Tickets am nächsten Tag berechtigten, was einen Eintritt am übernächsten Tag garantiert. Hm. Unser Plan, nur eine Nacht in Aguas Calientes zu bleiben, war also schon gescheitert. Wir mussten definitiv eine weitere Nacht hierbleiben, um Machu Picchu besuchen zu können. In weiser Voraussicht hatten wir noch keine Rückfahrt gebucht.
Aguas Calientes, das Touristendorf
Wir sind nach der ganzen Ansteherei direkt etwas Essen gegangen. Es gab ein vegetarisches Restaurant mit indisch-arabischer Prägung. Die Preise hier waren auf gehobenem europäischen Niveau und für Peru dementsprechend teuer. Ein Softdrink kostete hier dann nicht mehr ~1 EUR im Restaurant, sondern ~3 EUR, bei den Speisen verhielt es sich analog dazu. Das Essen war okay, die Portion sehr klein und ich war genervt. Bis zu unserem Hostel waren es nur wenige Minuten, wobei der Ort so klein ist, dass hier eigentlich alles nur wenige Gehminuten entfernt ist. Wir haben eingecheckt und direkt nach einer weiteren Nacht gefragt, was leider verneint wurde. Ausgebucht. Zum Glück, stellte sich heraus, als wir unser sehr hässliches, dunkles und sehr ungemütliches Zimmer betraten: Ein Doppelbett, zwischen Badtür und Wand gepresst und drei zusätzliche Einzelbetten im Raum. Die heiße Dusche war überraschend gut, was aber auch das einzige Highlight war. Wir haben die Nacht in einem Einzelbett verbracht, weil uns das Doppelbett und seine Positionierung nicht überzeugt haben.
Aguas Calientes gab es, wegen der namensgebenden heißen Quellen, schon vorher, durch die Entdeckung von Machu Picchu 1911 und dem anschließenden Tourismus wurde es dann aber zum „Boomtown“. Es gibt hier nur die Verbindung mit dem Zug zur Außenwelt, die einzigen motorisierten Fahrzeuge sind die Busse, um Touristen auf den Berg und wieder hinunterzukarren sowie Fahrzeuge für öffentliche Dienstleistungen/Sicherheit. Das macht den ganzen Ort mit seinen engen Gassen, trotz seiner offensichtlichen Touristenfallen und seiner architektonischer Verbrechen, ein bisschen gemütlich.
Uns kam die glorreiche Idee, uns am nächsten Morgen noch vor Ankunft des ersten Zuges einfach wieder anzustellen um ein Ticket zu ergattern, weil wir der ganzen Kistemit der Wartenummer nicht so richtig trauen wollten. Als wir dann aber in die Gasse abbogen und sahen, dass die Schlange jetzt schon länger ist als am Vortag, haben wir den Plan ganz schnell wieder verworfen. Da wir sonst nicht wirklich etwas zu tun haben, verbringen den Tag in einem Café, mit umherlaufen, Fotos machen und Essen. Wir haben im Laufe des Tages in eine andere, günstigere, Unterkunft gewechselt und hatten diesmal mehr Glück, das Zimmer war wesentlich angenehmer. Anschließend ging es zum Höhepunkt des Tages: Ticket abholen um 16:30 Uhr.
Eine neue Schlange
Wir waren ein paar Minuten früher da und trafen die Leute wieder, mit denen wir schon den Vortag in der Schlange verbracht haben bzw. auch manche, die mit uns im Bus saßen. Man kennt sich mittlerweile, tauscht sich so über den Tag aus, teilt die neuesten Gerüchte. So erfuhren wir auch, dass die Leute die heute (Donnerstag) in der Schlange stehen, nicht mal mehr ein Warteticket für den nächsten Tag, sondern erst für den übernächsten Tag (Samstag) erhalten und ihre früheste Chance, Machu Picchu zu besuchen, somit erst nach drei Tagen, nämlich am Sonntag, ist. Das ist verrückt, glücklicherweise aber nicht mehr unser Problem.
Wir wurden pünktlich aufgerufen und dachten, wir spazieren jetzt da rein und kaufen das Ticket und fertig. Nein. Innen gab es eine neue Schlange, die sich einmal die Treppe hoch, durch den großen Saal und auf der anderen Seite die Treppe wieder hinunter zog. Im Minutentakt stand jeder auf, rückte ein paar Stühle weiter und setzte sich wieder. Der Anblick war skurril und ich kam mir vor, als würde ich für eine Einbürgerung anstehen – inklusive der Ungewissheit, ob der Ausgang für mich positiv oder negativ ist. Ungewissheit deshalb, weil das Ticketsystem noch eine weitere Überraschung parat hält.
Es gibt verschiedene Kategorien, die, soweit die Theorie, für bestimmte Wege zulässig sind. Für einen kompletten Besuch der eigentlichen Sehenswürdigkeit ist es wichtig, Rundgang 1 oder 2 zu erwischen. Das ist Möglich mit dem roten Ticket (freie Auswahl) oder dem grünen Ticket (mit Inka-Brücke, die man einfach weglassen kann). Die anderen Farben bieten nur den Zutritt zu einem sehr kleinen Rundgang an und bieten dafür zusätzlich Zutritt zu anspruchsvollen und herausfordernden Wanderungen zu den umliegenden Bergen – sie sind für den Normalbesucher dementsprechend uninteressant. Natürlich will in dieser Schlange NIEMAND ein dunkel-, hellblaues oder orangefarbenes Ticket kaufen. Es gibt also insgesamt 500 Tickets, die in Frage kommen, unsere Wartenummer war 600+. Das bedeutet: Es besteht die realistische Chance, nur ein „schlechtes“ Ticket zu bekommen.
Alle Tickets sind nochmal unterteilt in Zugangszeiten, die stündlich bzw. halbstündlich gestaffelt sind. Die ersten Leute in der Reihe haben dementsprechend die freie Auswahl, je später man an die Reihe kommt, desto unwahrscheinlicher wird ein Zutritt zur gewünschten Zeit.
Eine unserer Mitreisenden aus dem Bus, Cecilia, hatte für die Rückfahrt erneut den Bus gewählt und musste, inkl. 2-2,5 Stunden Rückweg zu Fuß) um spätestens 14:00 Uhr wieder an Hidroeléctrico sein. Sie musste daraufhin auf ein orangefarbenes Ticket umschwenken, weil sonst keine morgendlichen Zugänge mehr frei waren. Dumm gelaufen.
Als wir an die Reihe kamen, waren durch allerlei Umstände, zum Beispiel aufgrund der Zugangszeiten, noch genug freie rote Tickets übrig, allerdings erst für 12:00 Uhr. Das war für uns vollkommen ausreichend, zumal wir ja sowieso mit dem Zug zurückfahren wollten und noch nicht an eine Zeit gebunden waren.
Wir kamen aus dem Ticketoffice und hatten endlich die begehrten Eintrittskarten in der Hand. Es hat sich so angefühlt, als hätten wir tatsächlich irgendetwas erreicht. Dabei haben wir nur Eintrittskarten gekauft. Verrückt.
Während des Abendessen buche ich die günstigsten Zugfahrkarten für den folgenden Tag, was der Abfahrt um 17:23 Uhr entspricht. Trotz kompletter Online-Abwicklung und Zahlung muss man die Online-Tickets persönlich am Bahnhof gegen echte Tickets umtauschen. Den Sinn dahinter habe ich nicht verstanden, ist aber auch egal, wir haben sowieso nichts besseres zu tun.
Wir haben eine geruhsame Nacht, wohlwissend, dass jetzt alles geklärt und geregelt ist.
Der Aufstieg
Der Fußweg von Aguas Calientes bis zum Eingang von Machu Picchu beträgt ziemlich genau 4,3km, auf den letzten 2,5km gilt es rund 500 Höhenmeter zu überwinden. Der Fußweg besteht aus einem Trampelpfad und vielen, vielen, vielen, vielen Treppenstufen. Da das für eine Großzahl an Touristen entweder nicht machbar oder einfach nur zu unbequem ist, gibt es einen Shuttlebus vom Ort nach oben und selbstverständlich auch wieder hinunter.
Die Busfahrt dauert ca. 35 Minuten und kostet $10 USD pro Person, pro Strecke. Der Gedanke an den Bus war sehr verlockend, aber nein, wir haben uns dagegen entschieden und das Geld gespart.
Da wir ein so spätes Zeitfenster für unseren Eintritt hatten, konnten wir gemütlich in den Tag starten, auschecken, allen unnötigen Ballast im Hostel deponieren und in Ruhe frühstücken gehen. Die ersten Meter waren kein Problem, die Laune war gut und auch der einsetzende, leichte Regen konnte dem keinen Abbruch tun.
Mit dem Beginn der Treppe wurde es dann schwieriger. Die grundsätzlich hohe Luftfeuchtigkeit war sehr unangenehm, da half es auch nicht, dass es die ganze Nacht und den ganzen Morgen stark geregnet hatte. Wir kamen anfangs dennoch ganz gut voran, die Atempausen hielten sich noch in Grenzen. Als wir das zweite Mal die Straße, auf der der Bus fährt, kreuzten, kam uns Cecilia entgegen. Wir unterhielten uns kurz mit ihr und erfuhren, dass im Endeffekt niemand die Wege kontrolliert und sie sich mit ihrem Ticket frei bewegen konnte. Das hat uns für sie natürlich sehr gefreut. Sie hatte jetzt noch den Marsch bis nach Hidroeléctrico vor sich, also verabschiedeten wir uns und wünschten ihr noch eine gute Reise. Wir trafen noch mehrere Leute, die wir aus der Warteschlange kannten, und hielten ab und an kurzen Smalltalk im vorbeigehen.
Ungefähr ab der Hälfte des Weges habe ich gemerkt, dass ich doch schon ein paar Probleme bekomme, mit Miriam mitzuhalten. Ich hatte ständig das Gefühl, meine Nase sei verstopft und ich bekomme nicht genug Luft. Das hat mich dann anhalten und durchschnaufen lassen. Im letzten Drittel des Weges wurden meine Pausen dann häufiger, Miriam war nicht mehr zu sehen. Ich habe nochmal eine ordentliche Portion Coca-Blätter nachgelegt und mich zusammengerissen und bin dann, wie eine alte Eisenbahn, langsam und stetig weiter hinaufgestiegen. Wer auch immer mir entgegenkam hatte nette Worte wie „Gleich geschafft!“ oder „Nur noch 10 Minuten!“ für mich übrig, was tatsächlich einen motivierenden Effekt hatte.
Zwischendurch habe ich mich immer mal umgedreht und die Aussicht genossen. Wer im oberen Bild genau hinsieht, kann in der Mitte eine Brücke erkennen, über die ich eine halbe bis dreiviertel Stunde vorher noch gelaufen bin.
Nach rund 70 Minuten kam ich oben an, wo Miriam seit rund 10 Minuten auf mich wartete. Eine Gruppe saß in ihrer Nähe und applaudierte, als ich den Weg hinaufkam. Ich sorgte mit „I just saved myself ten dollars!“ für ein bisschen Heiterkeit und setzte mich zu Miriam, um mich ein paar Minuten auszuruhen (und zu trocknen).
Guide oder kein Guide?
Es gab die Möglichkeit, sich vorher um einen Guide bzw. eine geführte Gruppe zu bemühen. Die Anmeldung wäre aber nur bis zum Vortag um 15:00 Uhr möglich gewesen, was uns aufgrund der Ticketsituation ja nicht möglich war. Die geführte Tour hätte um 10:00 oder 11:00 Uhr stattgefunden, eine Teilnahme mit unserer Eintrittskarte wäre also sowieso nicht möglich gewesen. Geführte Gruppen brauchen ca. anderthalb Stunden für die gesamte Anlage, was uns auch ziemlich gehetzt erschien. Problematisch ist nämlich, dass man nicht umkehren darf, da der Besuch eine Einbahnstraße ist. Hetzt man mit der Gruppe durch, ist man durch. Fertig.
Da sich die Infos zu Machu Picchu eher in Grenzen halten, denn vieles ist nicht bekannt, nicht gesichert bekannt oder nur eine schlichte Vermutung, haben wir uns im Endeffekt gegen eine Führung entschieden. Statt zwei mal $15 USD für eine Führung in einer großen Gruppe mit über 20 Teilnehmern zu bezahlen, haben wir also für 4,99 EUR im Playstore eine Audioguide-App von einem französischen Programmierer gekauft. Was soll schon schiefgehen?
Machu Picchu, endlich.
Wir verneinen höflich die Anfrage des letzten Guides, der uns noch für seine Gruppe gewinnen will, lassen unser Ticket scannen und betreten die Anlage. Nach ein paar Metern im Gestrüpp und weiteren Treppen nach oben stehen wir plötzlich unter freiem Himmel auf einem Plateau. Noch ein paar Meter weiter und wir stehen auf der Aussichtsfläche, auf der viele Postkartenmotive geschossen worden sind.
Der Regen ist weg, die Sonne scheint und da ist der Anblick, auf den wir hingearbeitet haben. Die ganzen Strapazen der letzten Stunden und Tage verblassen. Wir hören entspannt unserem Audioguide zu und machen Fotos, während sich eine beachtliche Gruppe in großer Eile an uns vorbeischlängelt, jeder darum bemüht innerhalb von drei Sekunden irgendwie einen Selfie hinzubekommen. Ich bin in diesem Moment sehr dankbar für den Audioguide und froh, kein Teil dieser Gruppe zu sein.
Langsam setzen wir unseren Weg fort und nähern uns den Ruinen an.
Wir lassen uns Zeit und schauen uns alle Dinge/Gebäude an, die uns interessieren, denn wir haben keine Eile und nutzen auch die Möglichkeit, mal an einem Ort länger zu stehen (oder eben auch nicht). Da die Routenführung auf der Anlage sehr oft geändert wird, um Abnutzungen entgegenzuwirken, ist es manchmal nicht so einfach, der Nummerierung des Audioguides zu folgen. Ich gebe das System des Audioguides dann auch schnell auf und klicke immer das an, was in der Nähe ist, ungeachtet der Nummerierung. Das klappt auch gleich viel besser.
Zwischendurch quatscht uns ein Aufpasser an, ob wir einen Gebäudeteil sehen wollen, der gerade gesperrt ist. Er kann uns begleiten und die Absperrung entfernen. Wir lehnen dankend ab. Wir sind uns nicht sicher, ob der Typ einfach nur hilfsbereit sein will um unsere Neugier zu befriedigen, oder ob er sich etwas dazuverdienen will und dann sauer wird, wenn wir ihm nichts geben wollen. Im Endeffekt hatten wir beide das gleiche blöde Bauchgefühl, deshalb fiel es uns auch nicht wirklich schwer, darauf zu verzichten.
Wir sind rund zweieinhalb Stunden unterwegs, also deutlich länger als eine Führung gedauert hätte. Als wir durch den Ausgang nach draußen gehen, haben wir auch wirklich das Gefühl, alles gesehen zu haben und sind zufrieden.
Der Abstieg
Wir gehen den gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Während die Luft kein Problem ist, schwitzt man ob der Luftfeuchtigkeit natürlich trotzdem ununterbrochen. Der Abstieg geht natürlich wesentlich schneller und wir sind nach rund 40 Minuten wieder in Aguas Calientes angekommen. Es ist 15:30 Uhr und wir haben noch fast zwei Stunden bis zur Abfahrt unseres Zuges. Genug Zeit, die Sachen im Hostel zu holen, sich in ein Crepé-Restaurant zu setzen, sich ein wenig frisch zu machen und ausgiebig zu Essen.
Die Zugfahrt
Wir steigen in den Zug ein und jeder Passagier wird beim Einsteigen auf einer Strichliste abgehakt. Die Waggons erinnern an die gute, alte Zeit, sind aber sehr modern gehalten. Die ersten paar Minuten können wir noch aus dem Fenster schauen, als die Sonne verschwindet wird es aber sehr schnell dunkel und das Fenster zeigt nur noch nachtblau bis schwarz.
Ich bin hundemüde und würde gerne die Augen zumachen, das relativ laute (offizielle) Gedudel im Zug lässt das leider nicht zu. „Schlimmer geht immer“, bekanntermaßen, also lässt die Steigerung nicht lange auf sich warten. Irgendjemand aus der mexikanischen Reisegruppe hinter uns darf sein Smartphone mit dem Bluetooth-Lautsprechersystem des Waggons koppeln und der Wahnsinn nimmt seinen lauf: Latinoschlager, lautes mitsingen und tanzen im Waggon. Ich hätte das an jedem anderen Tag vermutlich sehr witzig gefunden, mein Energielevel hat das aber nicht mehr zugelassen. Es war eine Geduldsprobe.
In Ollantaytambo wurden wir vom Zug in Kleinbusse umsortiert, nach einer sehr zügigen Fahrt kamen wir am Bahnhof in Cusco an. Von dort sind wir zu unserem Airbnb gelaufen. Wir waren beide müde, der Tag war sehr anstrengend.
Nach einer heißen Dusche sind wir ins Bett gefallen. Am Ende hat ja doch alles funktioniert.