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Episode 10 – Ni Hao! (Nanning)

Wir machten uns am Morgen gegen 8:30 Uhr auf den Weg zu dem Hotel, von dem der Bus nach Nanning/China abfahren sollte. Beim Ticketkauf wurde uns gesagt, wir würden mit einem luxuriösen Minibus fahren (uns wurden auch Bilder gezeigt) und wir waren gespannt, was uns wirklich erwartet. Die insgesamt ca. neunstündige Fahrt kostete uns 47 Euro für zwei Personen, war also relativ erschwinglich.

Als der schwarze Minibus vorfuhr, sah er tatsächlich aus wie auf dem Bild. Helle, bequeme Ledersessel und in jede Richtung viel Abstand zum nächsten Mitfahrer. Leider waren alle Plätze schon von Chinesen belegt -Miriam und ich durften uns die zwei Plätze beim Fahrer teilen (Mittelkonsole und Beifahrersitz). Das war vom Komfort unserer Mitreisenden meilenweit entfernt und schon beinahe ein Grund zur Ärgernis gewesen, aber wir hatten nunmal Pech damit, dass unser Einstieg der letzte auf der Route war. Pech mit den Reisemitteln ist ja auch etwas, an das man sich durchaus gewöhnen kann.

Mulmige Grenzübergangsgefühle

Die Fahrt bis zum Grenzübergang in Lang Son verlief ohne besondere Ereignisse und inklusive einer halbstündigen asiatischen Nudelpause an irgendeiner Raststätte. Auf der vietnamesischen Seite der Grenze angekommen hieß es dann aussteigen, Gepäck mitnehmen, durch die Passkontrolle ausreisen und auf der anderen Seite wieder einsteigen. Unser Bus fuhr uns dann die ca. 100m bis zum Gebäude auf der chinesischen Seite, wo wir wieder aussteigen und uns mit unserem Gepäck in die Schlange zur Einreise stellen mussten.
Während wir in der Reihe standen, wurden wir von Grenzbeamten nach Details zu unserer Reise gefragt. Warum wir einreisen, wohin wir wollen und so weiter. Auch wenn unser Gegenüber dabei stets freundlich war, macht sich doch immer ein komisches Gefühl in mir breit. Die Einreise in die USA im letzten Dezember fühlte sich für mich schon komisch an, das war hier nicht anders. Dazu kam noch unser Reiseführer im Rucksack, der, so ranken sich die Mythen und Geschichten um Grenzübergänge, aufgrund der Kartenzeichnung und Bezeichnung Taiwans als eigenständiges Land, gerne konfisziert wird. Da wir mit unseren beiden riesengroßen Rucksäcken natürlich jede Menge Aufmerksamkeit auf uns zogen, war die Befürchtung einer Totalfilzung nicht sonderlich unrealistisch. Glücklicherweise blieb uns das aber erspart (keine Ahnung wie ich sonst alles vor Ort wieder in die Tasche hätte stopfen sollen) und wir passierten ohne Schwierigkeiten.

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Willkommen in China

Auf der anderen Seite packten wir die Tasche wieder in den Kofferraum (es ging jetzt schon sehr routiniert von der Hand) und setzen uns wieder in unseren Minibus. Wir waren fest davon überzeugt mit diesem Bus weiter bis nach Nanning zu fahren, daher waren wir auch sehr überrascht als wir nach etwa 5 Minuten Fahrt auf einem Parkplatz direkt hinter der Grenze erneut anhielten. Unser Fahrer bedeutete uns auszusteigen und unser Gepäck mitzunehmen. Wir taten was uns aufgetragen wurde und folgten den anderen Leuten zu einem großen Reisebus.
Der Bus war groß, keine Frage, und die Plätze waren auch bequem. Leider war er auch schmutzig und hat nach Rauch und Schweiß gerochen. Ich trauerte dem Minibus ganz kurz nach, fand mich dann aber damit ab. Die Fahrt nach Nanning ging über endlose Autobahnen und vorbei an riesigen Wohnturmsiedlungen, die sich gegenseitig erfolgreich an Hässlichkeit zu überbieten versuchten. In der Abenddämmerung erreichten wir den Busbahnhof von Nanning. Überall bunte und blinkende Schriftzeichen, Schilder, Wegweiser und wir verstanden kein einziges Wort.

Das neue China

Nachdem wir im fünften Anlauf einem Geldautomat etwas Geld entlocken konnten, verließen wir den Busbahnhof durch den Haupteingang und suchten uns ein Taxi zu unserem Hostel. Die Taxifahrt führte uns über übertrieben breite Straßen, vorbei an riesigen Wohntürmen, Malls und Bürogebäuden bis in die Innenstadt von Nanning, wo uns der Taxifahrer an einer Kreuzung rausgeschmissen hat. Er deutete in eine Richtung (die sich später als falsch herausstellte), kassierte seinen Fahrpreis und verschwand. Wir standen nun da und hatten keinen Plan wo unser Hostel ist, keine funktionierende Offlinekarte und keine Sprachkenntnisse. Wir fragten uns in ein paar Geschäften durch uns hatten nach einer halbstündigen Suche schließlich das richtige Haus gefunden. Der Hinterhofaufgang und das Treppenhaus machten erst mal keinen vertrauenswürdigen Eindruck, nachdem wir die Tür zum Hostel überquert hatten, waren wir aber positiv überrascht. Das „Travelling With Hostel“ überzeugte auf den ersten Blick mit einer restaurant-/ bistroartigen Lounge, neuwertiger und passender Einrichtung und einem generellen Wohlfühlambiente. Nach den abgewrackten Unterkünften die uns in den letzten zwei Jahren über den Weg gelaufen sind, war das hier für ein Hostel dieser Preisklasse ziemlich überraschend.
Das Zimmer, wir schliefen wieder im 4-Bett Dorm, war recht klein, hatte aber ein eigenes Bad mit Dusche, bequeme Betten und war sehr sauber. Unser Zimmer teilten wir in der ersten Nacht mit zwei unauffälligen Chinesen. Nachdem wir unsere Sachen abgeladen hatten, gingen wir auf die Suche nach Nahrung. Glücklicherweise befindet sich das Hostel in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone, eine große Wanderung durch die Stadt blieb uns also erspart. Wenn, wie in diesem Fall, unser Freund HappCow aber versagt, weil keine Einträge vorhanden sind, wird es immer abenteuerlich. In China noch um so mehr, die einfache Versorgung mit vegetarischer Küche wie in Vietnam ist hier nicht gegeben bzw. nicht direkt ersichtlich (vor allem nicht, wenn man kein chinesisch lesen kann).
Wir haben es an diesem Abend zwar hinbekommen uns ein kaltes Zitronensaftgetränk zu bestellen, für ein vegetarisches Gericht im chinesischen Restaurant hat es aber nicht gereicht. Auch unsere vorbereiteten Zettel fielen hier nicht auf fruchtbaren Boden. Der größte Unterschied zu Vietnam: Während der Vietnamese schnell begreift, dass man kein Wort versteht und sich um alternative Verständigungsformen und -ideen bemüht, redet der gemeine Chinese einfach stur weiter in chinesisch auf jemanden ein. Ich habe das zu keiner Zeit als frech, unfreundlich oder ignorant aufgefasst, das nicht, aber verstehen konnte ich das Verhalten auch nicht. Jedenfalls endeten wir an diesem Abend bei Pizza Hut, das wohl einzige „Restaurant“ mit einer englischen Speisekarte. Zu unserer Verteidigung muss ich aber sagen, dass Pizza Hut in China keine so abgeranzter Franchise ist wie bspw. in Deutschland, die Restaurants hier sind schick eingerichtet, die Mitarbeiter gut gekleidet und aus den Lautsprecher tönt keine anspruchslose Popmusik.

Copycats!

Man wirft Chinesen ja oft vor, sie würden Produkte einfach kopieren. Zum Beispiel Autos oder Elektrogeräte. Ob und inwiefern das stimmt, kann ich nicht sagen. Was mir aber auffällt: Die Fußgängerzone in Nanning (die noch nicht so alt sein kann) hat eine unglaubliche Ähnlichkeit mit der Fußgängerzone in einer deutschen Kleinstadt. Klingt komisch? Überzeugt euch selbst:

Jpeg

„Die Fußgängerzone von Düren“ – M.K. aus K.

Extratag

Auch wenn es in Nanning nichts zu sehen gibt, entschieden wir uns dafür, noch eine Nacht länger zu bleiben. Zum einen mussten wir das irgendwie mit dem Zugticket ausbaldowern, zum Anderen wäre eine Weiterreise direkt am nächsten Morgen um 7 Uhr viel zu anstregend gewesen. Wir sind ja nicht auf der Flucht, nichtwahr.

Wir frühstückten also im Hostel ein recht gutes Frühstück zu einem vernünftigen Preis und latschten dann in Richtung Bahnhof. Selbstverständlich bogen wir einmal falsch ab, bemerkten den Fehler aber erst nach rund 40 Minuten und hatten so über eine Stunde Umweg. Macht aber nichts, so lernt man auch fremde Städte kennen.
Am Bahnhof angekommen bot sich mir ein Bild, wie ich es nicht erwartet hätte. Sicherheitskontrollen an jedem Eingang, d.h. Körperkontrolle und Taschen durchleuchten. Zum Betreten der Ticketschalter ebenso wie zum Betreten der Bahnhofshalle für die Zugabfahrten. Für jemanden aus Deutschland ist das ein ziemlich seltsamer Anblick, der mehr an einen Flughafen als an einen Bahnhof erinnert.

Wir finden den englischsprachigen Schalter (den es hier ausnahmsweise gibt) und buchen unsere Tickets für den Schnellzug nach Guilin am nächsten Morgen. Den Rest des Tages verbringen wir dann im Aufenthaltsbereich des Hostels -Miriam mit dem Reiseführer für China und ich mit dem Schreiben dieses Blogs. Nachdem uns das Frühstück schon überzeugen konnte bestellen wir hier, der Einfachheit halber, auch unser Abendessen.

Aus Platzgründen muss ich ab hier leider eine neue Karte wählen. Für die Gesamtansicht habe ich noch keine Idee, die mir gefällt. Da lasse ich mir noch etwas einfallen. Jetzt muss erstmal das hier ausreichen:

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