Unser nächster Halt war Kon Tum, ein kleiner Ort abseits der großen Tourismusströme. Von dort aus kann man, so haben wir es gelesen, wunderbar die umliegenden Dörfer erkunden, in denen noch verschiedene ethnische Minderheiten unter Berücksichtigung ihrer kulturellen Besonderheiten (Kleidung, Feste, Architektur etc.) leben.
Wir fuhren mit dem Schlafbus am Abend gegen 18 Uhr los und erreichten Kon Tum am sehr frühen Morgen um 4:30 Uhr. Auf der Fahrt machten wir bekanntschaft mit einer Tschechin, die vietnamesische Eltern hat und nun zum ersten Mal in Vietnam war. Ich erwähne das eigentlich nur, weil sie optisch als Einheimische hätte durchgehen können, aber anscheinend mehr Einstellungsprobleme mit dem söudostasiatischen Lifestyle hatte als wir. Yay, we gladly survived the Philippines!
Der Typ im Hotel war nicht sonderlich begeistert von unserer frühen Ankunft, war den Umständen entsprechend aber sehr freundlich. Er zeigte uns unser Zimmer und wir holten den Schlaf nach, den man im Schlafbus nicht so wirklich bekommt (ich jedenfalls nicht). Wir hatten Glück, dass in Kon Tum nicht wirklich was los ist, sonst hätte das mit dem halben Tag früher einchecken auch nicht geklappt. Fairerweise wurde uns auch nur ein halber Tag berechnet und nicht die gesamte Nacht davor (was in anderen Unterkünften die wir kennenlernen durften sicherlich der Fall gewesen wäre).
Kon Tum ist im Endeffekt ein größerer Ort, als ich erst angenommen habe. Nichtsdestotrotz ist es natürlich sehr provinziell und es gibt in der Stadt auch nichts dolles zu sehen. Der erste Tag war also rumlatschen, Kaffee trinken, Gebäck essen, Kaffee trinken und weiter rumlaufen. Das Mittagessen in einem der zwei vegetarischen Restaurants war allerhöchstens und mit viel wohlwollen ein „okay“.
Für den zweiten Tag haben wir uns ein Moped von unserm Hotel ausgeliehen um den rund 110km langen Loop rund um Kon Tum zu fahren, den wir auf travelfish.org gefunden haben. Das war eine fantastische Idee! Zum Einen war es total beruhigend und fast schon meditativ, sich durch die teilweise menschenleeren Gegenden zu bewegen, zum Anderen zeigten uns die ganzen Dörfer und deren Einwohner einen ungetrübten Blick auf das „echte Vietnam“, nicht die für Touristen hübschgeschminkten Ausnahmen. Hier hab ich ein paar Bilder für euch, möchte aber darauf hinweisen, dass die ganzen tollen „Dorfbilder“ nur in meinem Kopf existieren, da ich Leuten nicht ungefragt beim Vorbeifahren die Kamera ins Gesicht halte.
Diese Tour „auf eigene Faust“ war die beste Idee, die wir seit langem hatten. Wir haben 120 000 Dong (~6 EUR) für das Moped bezahlt und nochmal für 50 000, also 2 EUR, getankt. Alles in allem hat sich das für so wenig Geld auf jeden Fall gelohnt.
Am nächsten Tag stand eine Tour an. Ja, wir wollten eigentlich keine Touren mehr buchen, aber das hier war kein Massentourismus sondern ein Anbieter, der sich als „Eco-Tour“ ausgewiesen hat. Der Typ der die Touren macht, ein Vietnamese um die 50, gehört selbst zu einer dieser ethnischen Gruppen in der Gegend und spricht demnach auch deren Sprache. Die 25 USD pro person für die Tour waren zwar relativ viel, erschienen uns aber lohnenswert.
Die Tour erwies sich aber leider als Fehler. Ich habe keine Ahnung ob das an uns liegt, ob wir so grenzenlos unsympathische Menschen sind, ob der Typ einen schlechten Tag hat oder ob er einfach erwartet, dass man als Tourist im Maschinengewehrtakt Fragen stellt (was wir nie tun, wir sind da eher zurückhaltend und wollen etwas erzählt bekommen) -ich weiss es nicht. Fakt ist, dass wir fast nur rumgefahren sind, er immer ein, zwei Sätze erzählt hat, dann sind wir weitergefahren. Auf Nachfragen wurde zwar geantwortet, wir hatten aber nicht den Eindruck, als würde uns da jemand begeistert erzählen und uns etwas näherbringen wollen. Das habe ich schon anders gesehen und auch anders erwartet. Die Krönung war der Moment, als er uns 10 Minuten irgendwo rumstehen ließ, um sich mit irgendwem zu unterhalten/über Nachbarschaftstratsch auszutauschen. Ich meine, ist kein Ding, kann er gerne machen, aber dann doch bitte mit Ankündigung oder einem Hinweis. Aber uns da einfach so rumstehen lassen war bisschen daneben, schließlich haben wir ja irgendwie auch (nicht wenig) Geld dafür bezahlt.
Die ingesamt 50 USD waren dann demnach für uns auch zu viel für die effektiven 4 Stunden, von denen wir die letzte Stunde ohne sämtliche Unterbrechungen/Erklärungen einfach nur einen großen Kreis durch Reisfelder gefahren sind. Das hat mich noch Tage später so geärgert, dass ich sämtlichen Spaß für Geld mit den verschenkten 50 USD gegengerechnet habe. Ihr wisst schon was ich meine.
Meine Erkenntnisse aus Kon Tum und der ländlichen Umgebung möchte ich hier aber auch nochmal zusammenfassen:
- Der Sozialismus in Vietnam ist keineswegs so, wie Lenin sich das vorgestellt hat. Enteignungen und Entschädigungen stehen leider in keinem Verhältnis zueinander, vor allem die ärmere Landbevölkerung hat darunter zu leiden (fruchtbare Täler im Tausch gegend hügeliges Bergland, welches noch immer mit den Folgen von Agent Orange zu kämpfen hat.
- Die Leute sind trotzdem irgendwie alle glücklich. Zumindest sehen sie glücklich aus.
- Kühe hüten ist ein Job für toughe, junge Mädels (und auch Jungs).
Weiter geht die wilde Fahrt in Richtung Hoi An, Miriams „Lieblingsstadt“. Ich bin gespannt.