„Man kann den Süden Vietnams nicht besuchen, ohne dem Mekong-Delta nicht einen Besuch abgestattet zu haben“.
So oder so ähnlich steht es in jedem zweiten Blogbeitrag, den man über den südlichen Zipfel Vietnams lesen kann. Der Lonely Planet ist voll des Lobes, das Internet sowieso und jeder Shop in HCMC möchte mir eine seiner vielfältigen Touren ins Flussdelta anbieten. Irgendwas muss also dran sein.
Eine Tour kommt für uns nicht in Frage. Die Tagestouren sind, findet man schnell im Internet heraus, ein einziges massentouristisches Gehetze, bei dem man kaum etwas sehenswertes zu sehen bekommt und die Mehrtagestouren sind unverhältnimäßig teuer (50 USD aufwärts pro Person). Wir entschlossen uns deshalb, den Weg auf eigene Faust anzutreten. Unser Gepäck haben wir im Hostel zurückgelassen, denn wir wollten nach ein oder zwei Übernachtungen wieder zurück nach Ho Chi Minh City um von dort aus weiterzureisen.
Reise, Reise
Die etwa dreistündige Busfahrt am Nachmittag verlief relativ bequem, ich nutzte die Zeit um mir endlich nochmal Apocalypse Now Redux anzusehen. Den empfand ich vor vielen Jahren als unfassbar langweilig, diesmal aber nicht. Ehrlich gesagt fand ich den Film diesmal sogar recht gut. Aber das nur am Rande.
Wir fuhren mit dem Bus nach Can Tho, das inmitten des Flussdeltas liegt. Von dort aus ist der wohl populärste „Floating Market“, also ein schwimmender Markt, gut und schnell mit einem Boot zu erreichen. Ebendieser Markt in Kombination mit einer Tour durch kleinere Kanäle des Mekong, dem Besuch einer Reisnudelmanufaktur und einem Mittagessen in einem Homestay soll, laut diverser Reiseblogs, das „wahre Vietnam“ zeigen, so wie man sich es vorstellt. Von „sehenswertesten Fleck ganz Südostasiens“ bishin zum „tollsten Erlebnis der ganzen Reise“ war so ziemlich alles an Lob dabei, was man sich so vorstellen kann. Wir waren auch dementsprechend gespannt und voller Vorfreude.
Der Busbahnhof liegt am Rande der Stadt, mittem in nirgendwo. Wir mussten uns dem penetranten Taxifahrer leider geschlagen geben und sind für teure 80 000 Dong in der Nähe unserer Hotels abgesetzt worden. Dort angekommen wurden wir von den Englischkenntnissen und der Freundlichkeit der Rezeptionsdame positiv überrascht. Wir verabredeten für den nächsten Tag um 5:30 Uhr morgens eine Tour mit einem Guide und einem Bootsmann zum Floating Market (und so weiter) für 900 000 Dong, also ca. 45 USD. Das erscheint auf den ersten Blick nicht wirklich günstiger als die oben genannte Tour, was auch richtig ist, allerdings haben wir hier ein Boot für uns alleine und sind nicht an eine Gruppe aus 40 Personen gebunden.
Das Zimmer war auf den ersten Blick okay, aber auch irgendwie nicht mehr so ganz frisch und auch kein Musterbeispiel an Sauberkeit. Für 5 USD pro Nacht (Zimmer) kann man aber auch keine großen Ansprüche stellen. Den Abend verbrachten wir mit einem passablen Abendessen und einem Kaffee und Milchshake-Absacker in einem netten Café. Die Nacht verlief leider nicht so erholsam, wir schliefen beide sehr schlecht (und sehr kurz), gegen 4:45 Uhr klingelte der Wecker.
Vom Hotel aus ging es mit dem Taxi zum Pier, wo uns unser Guide schon erwartete. Ab aufs Boot, ab auf den Fluss und ab zum Markt.
Am Morgen soll der Markt am Besten sein. Zum Einen, weil das die Hauptgeschäftszeit ist, zum Anderen, weil die ganzen Touristengruppen erst vormittags eintrudeln und maan bis dahin mehr oder minder „seine Ruhe“ hat. Ich kann diese Aussage durchaus bestätigen, dort aber „überhaupt keine Touristen“ anzutreffen, wie in einem Blog behauptet, stimmt aber auch keineswegs. Neben uns sind noch ungefähr 4 oder 5 andere kleine Boote unterwegs. Dennoch ein sehr überschaubares Publikum.
Der schwimmende Markt ist ein Phänomen, dass der Besonderheit der Region geschuldet ist. Die Händler besorgen sich ihre Waren direkt bei den Bauern und transportieren sie auf dem schnellsten Weg, nämlich auf dem Fluss, zu den Märkten, die in der Nähe von größeren Siedlungen stattfinden. Da das ganze Delta mit kleinen Kanälen durchzogen ist und ein Zugang zum Wasser sowie ein eigenes Boot schon beinahe für jeden Haushalt obsolet scheint, ist es nur logisch, den Markt einfach komplett auf das Wasser zu verlagern. Mehr gehe ich da jetzt auch nicht drauf ein, stattdessen gibt es einfach ein paar Bilder:
Anschließend besuchten wir noch eine Reisnudelmanufaktur und konnten uns von der Herstellung ebendieser ein Bild machen.
Zwischendurch gelangen uns auch ein paar Schnappschüsse und wir wurden Opfer eines starken Regenschauers.
Und wie war das jetzt?
Schwer zu sagen.Wenn man seinen Jahresurlaub in Vietnam verbringt und sonst nicht viel Berührungspunkte zur Landschaft und Kultur in Südostasien hat oder hatte, ist ein Ausflug hierher bestimmt ziemlich erleuchtend, schön, exotisch und voller neuer Eindrücke und Erfahrungen. Für mich und Miriam war das eher ein bisschen durchwachsen. Klar, wir hatten einen schönen Tag. Aber für den finanziellen und zeitlichen Aufwand (mit An- und Abreise) würden wir es nicht wieder tun. Dafür hat dieser „Aha“ Effekt gefehlt, auf den wir uns, bedingt durch die ganzen Vorschusslorbeeren der Blogeinträge, schon irgendwie eingestellt haben.
Wir sind am Nachmittag wieder zurück nach HCMC gefahren, um von dort einen Nachtbus zu unserem nächsten Stopp in den Bergen, Da Lat, zu erwischen.