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Nervende Backpacker #1: Die Scheisshose

Mit jeder Reise die ich antrete, mit jedem Hostel in dem ich schlafe und mit jedem Ort, an dem ich andere Reisende sehe, drängt sich die immergleiche Frage in meinen Kopf, unaufhaltsam, unweigerlich, ungebremst:

Wieso hat eigentlich jeder diese Scheisshose an?

Einige von euch wissen mit Sicherheit sofort, wovon ich spreche. Ich rede von weit geschnittenen Baumwollhosen, vorrangig mit Batikmuster oder irgendwelchem anderen pseudo-ethnischen Designs, die im Wind so schön flattern und immer so aussehen, als hätte man gerade einen riesengroßen Haufen in die eigene Hose gesetzt. Wisst ihr jetzt, wovon ich rede? Nein? Dann helfe ich euch mit einem Bild auf die Sprünge:

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Ich bin mir nicht sicher, was jetzt der richtige Terminus dafür ist. Man findet sie unter „Elefantenhosen“, „Pumphosen“ oder „Haremshosen“, bei Mimi und mir laufen sie gemeinhin unter dem Terminus der, verzeiht mir die sprachliche Entgleisung, „Kackhose“. Die Herleitung dieses Begriffs habe ich schon zu Angfang erläutert: Man sieht damit einfach aus wie Windel-Willi auf der Höhe seiner Schaffenskraft.

Nun ist es aber leider nunmal so, dass im „Handbuch der hippen Backpacker“ diese Hose einen ziemlich guten Ruf genießt und zum obligatorischen Reisegepäck gehört. Wer diese Hose anzieht wird zum Kleidungs-Veganer, zum Hosen-Hipster oder aber einfach zum Mitglied im Club der coolen „Nach-dem-Abi-mal-ein-bisschen-auf-Reise-gehen-Reiser“ (man mag hier „Nach-dem-Abi“ auch ersetzen durch „Während-des-Langzeitstudiums“, die Aussage verliert nicht an Richtigkeit). Mit einer erschreckenden Zuverlässigkeit zieht sich dieses Hosendesign durch die Rucksäcke von Backpackern westlicher Kulturkreise wie Mononatriumglutamat durch asiatische Nudelsuppen -unaufhaltsam. Aber wieso eigentlich?

Man mag jetzt sagen, diese Hosen seien bequem. Das mag sein. Sie sehen ja ganz luftig aus, wie sie so im Wind flattern. Aber das macht andere Hosen doch nicht gleich unbequem? Meine Hosen jedenfalls sind nicht unbequem, ganz im Gegenteil. Ich kann eben nur kein Bobby-Car in meinem Schritt verstecken.
Sind es die Muster? Drücken diese Hosen interkulturellen Flair aus? Machen mich diese Hosen weltoffen? Nein, in erster Linie lassen sie mich aussehen wie einen Idiot. Ehrlich jetzt. Und jeder, der euch mal erzählt hat, ihr würdet in diesen Dingern „voll schick“ aussehen ist ein Lügner. Ganz bestimmt.
Gegen die Muster kann ich ja noch nicht mal unbedingt etwas einwenden. Alles kein Problem. In jedem zweiten Ethno-Shop gibt es Dinge mit Batik- oder Webmuster oder oder oder, irgendein Krempel der einen an seinen Lieblingsurlaubsort erinnert. Kein Problem. Aber wo genau und bei welcher ethnischen Minderheit liegt eigentlich der Ursprung eines solchen Kleidungsstücks? Bei den Verkäufern auf der Straße? Bei den Fabriken in _______________ (hier bitte südostasiatisches Land deiner Wahl einfügen). Ich weiss es nicht.

Ich weiss auch nicht, in welcher Stube der Vorhölle man sich die ganzen Muster und Farbkombinationen einfallen lässt und wie „krass“ man drauf sein muss, um sich diesen Scheiss auch noch zu kaufen. Da gibts dann Jungs (ganz stilecht mit Bart, Zopf und ärmellosem Shirt), die in ihrer lila-grün-hellblau-orange geringelten Hose ihr Leben genießen, während Mädels dann eher auf die o.g. pseudo-ethnischen Muster setzen, dafür bei den Farben aber oftmals zurüchaltender sind. Natürlich folgt das alles keiner Logik, die wildesten Kombinationen sind erlaubt. Alles was gedacht werden kann, kann auch passieren. Eine der Kernaussagen von Dürrenmatts „Physiker“ materialisiert als Hose, sozusagen.

Vielleicht ist es auch eine Art von Freiheit, die da suggeriert wird. Freiheit für den Schritt, Freiheit für das Leben. Oder die Freiheit, rumzulaufen wie der letzte Schlumpf und sich keine Gedanken machen zu müssen, wie man denn nun aussieht. Das würde ich fast gelten lassen, wenn nicht genau diese Leute sich sonst STÄNDIG und IMMERZU Gedanken machen würden, wie sie bei Anderen ankommen, wie interessant ihre Geschichten sind, wie cool sie aussehen, was sie alles tolles erlebt haben blablablabla. Ich weiss es nicht.

Was ich aber weiss ist, dass ich diese Hosen verabscheue. Und so gleich sie alle aussehen, so gleich sind auch die Leute, die sie tragen. Aber ich will hier nicht vorweggreifen, das war nur eine tolle Überleitung zu meiner neuen Nebenbei-Rubrik: „Nervende Backpacker“. Denn sie nerven. Mich. Fast alle. Fast immer.

Bis dahin,
Ollewah

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