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Episode 1 – Ho Chi Minh City

Eigentlich hatte ich vor, bis zum heutigen Tag noch den einen oder anderen Beitrag zu veröffentlichen. Auf meiner Liste steht neben den zwei Wochen Urlaub auf Palawan auch noch ein Abschiedsbeitrag über die Philippinen -aber meine Faulheit hat mal wieder gesiegt. Jetzt bin ich schon den zweiten Abend in Vietnam und habe noch nichts zustande gebracht. Es ist also an der Zeit 😉

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Onkel Ho sagt „Hallo!“. Hallo, Onkel Ho!

Erste Eindrücke

Wie viele wissen, habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den Philippinen. So sehr ich vieles auch zu schätzen gelernt habe, so sehr begegne ich vielen Eigenheiten auch noch immer mit Unverständnis. Einige dieser Eigenheiten sind keine philippinische Besonderheit, sondern lassen sich durchaus auf die ganze Region Südostasiens ausweiten. Da wären zum Beispiel das besondere Verhältnis zu Müll, die Affinität zu Lautstärke, Improvisation an jeder Ecke und eine Art generischer Unprofessionalität wenn man sie überhaupt nicht gebrauchen kann (Taxifahrer die den Weg nicht kennen, Bankangestellte ohne Rechenfähigkeiten, Kellner ohne Ahnung von der Speisekarte…).

Vietnam ist also Miriams Lieblingsland, dementsprechend hatte sie vorher viele Bedenken, ob es mir hier gefallen wird oder ob es mich, so wie meine knapp zweijährige Wahlheimat, auch in den Wahnsinn treibt und mich ausflippen lässt. Ich war  aber grundsätzlich guter Dinge, da ich mich auch in Malaysia, Jakarta und Singapur sehr wohl gefühlt habe. So schlimm wie Manila kann es doch nicht werden. Oder?

Nun, was soll ich sagen. Schon die Taxifahrt vom Flughafen zum Hostel offenbarte mir eine ganz andere Stadt, als Manila es ist. Hier gibt es Bürgersteige. Und (viele) Ampeln. Und die Straßen waren frei. Ich war begeistert. Und alles wirkt irgendwie ordentlich. Wer die Phillies nicht kennt, wird das vielleicht nicht verstehen, aber die „Jeder macht und baut wie er will“-Mentalität die ich kennengelernt habe, kommt hier nicht ganz so schlimm zum tragen. Kurzum: Ho Chi Minh ist eine Stadt, die nicht umsonst ein beliebtes Reiseziel darstellt. Ich mag es hier.

Was sicherlich auch eine große Rolle spielt, ist die generelle Verfügbarkeit von guten, günstigen und sehr leckeren vegetarischen oder veganen Optionen. Wir haben bisher drei verschiedene „Restaurants“ ausprobiert und hatten zwei gute und eine vertretbare Mahlzeit -schlecht war davon nichts. Auch für die nächsten Tage gibt es noch genügend Optionen, diese Auswahl ist großartig. Jeder, der meine Beiträge schon einen Moment verfolgt, weiss, wie schwierig es uns teilweise gefallen ist, etwas zu Essen zu finden. Was sich mir hier erschließt, ist ein wahres Paradies!

Der gestrige und der heutige Tag standen ganz im Zeichen von Stadtführungen. Wir haben auch hier eine „Free Walking Tour“ gefunden, die aber anders läuft als die vergleichbaren Angebote die wir aus europäischen Städten kannten. Hier läuft man nicht in Gruppen, sondern bekommt einen Guide nur für sich an die Hand. Das entbehrt zwar einer gewissen Dynamik, macht die Sache aber auch angenehmer und höchst individuell. Die touristischen Schwerpunkte der Touren zähle ich hier nicht weiter auf, wer sich dafür interessiert dem sei eine eigene Reise hierher gerne ans Herz gelegt. Stattdessen lasse ich ein paar Bilder sprechen, die kommen erfahrungsgemäß sowieso besser an („Oh guckmal da, Bilder!“).

Stimmungstiefpunkt

Ein sehr wichtiger, wenn auch deprimierender, Programmpunkt ist der Besuch im „War Remnants Museum“, welches sich komplett der Dokumentation und Aufarbeitung des Vietnamkrieges und seiner Folgen widmet.
Neben den geschichtlichen Fakten des Krieges, die dem einen oder anderen schon bekannt sein dürften, und den generellen Botschaften, die solche Orte ausstrahlen (=Krieg ist schlecht), kommt hier aber noch eine Besonderheit hinzu. Zum Einen werden individuelle und generalisierte Kriegsverbrechen ansgesprochen, zum Anderen wird aber auch ein ganzer Raum nur Agent Orange und anderen Kampfmitteln gewidmet. Ich bin mir der Thematik sehr bewusst, auch darüber das bis heute noch massive Zahlungen ausstehen und sich da vor Verantwortung gedrückt wird, aber ich wurde noch nie so unzensiert und krass mit Bildern von Opfern, Fehlbildungen und Mutationen konfrontiert wie an diesem Tag. Es ist immer schwer, sowas einzuordnen und es gibt auch kein Ranking der „schlimmsten Vebrechen aller Zeiten“, aber der Vietnamkrieg steht für mich auf einer Stufe mit der Atombombe und dem Holocaust. Menschen sind verabscheungswürdige Kreaturen.

Kaffee

Da man sich aber bekanntlich nicht immer nur runterziehen lassen darf, muss man sich eben auch um die schönen Dinge im Leben kümmern. Nach dem Wegfall aller sonstigen  (fragwürdigen) „Genussmittel“ wie Alkohol und Tabak, ist mir noch der Kaffee geblieben. Schon immer geliebt, habe ich, sogar im philippinischen Exil, versucht, meine Liebe zur aufgebrühten Bohne weiter voranzutreiben -mit Erfolg. Kaffee, das sage ich euch, ist der allergeilste Scheiß.

Kaffee kommt hier am besten mit Milch, trotzdem stark wie ein Bus voller russischer Ringerinnen und mit unglaublich vielen Eiswürfeln. Was erstmal seltsam klingt, ist hier Standard. Eigentlich bin ich ja mehr der Schwarztrinker, aber ich wollte mich den Gegebenheiten nicht verschließen. Durch mehr Variationen als mit Milch und ohne Milch konnte ich mich aber noch nicht probieren, da ich gerne in der Nacht noch ein bisschen schlafen möchte. Ich werde an dieser Stelle berichten, was für interessante Kombinationen es noch in mein Herz geschafft haben.

Wie geht es denn weiter?

Nun, ganz so genau kann ich das auch noch nicht sagen. Wir bleiben noch ein paar Tage hier in Ho Chi Minh, dann geht die Reise weiter. Morgen steht ein Trip zu den Tunneln an, in denen sich der Widerstand versteckt hat. Ein Touri-Must-Have. Wahrscheinlich übermorgen wollen wir auf eigene Faust zum Mekong-Delta aufbrechen und dort vielleicht ein oder zwei Nächte verbringen. So ganz steht der Plan noch nicht. Die Touri-Touren wollen wir nach Möglichkeit vermeiden und das ganze etwas privater und individueller angehen. Wir werden sehen, immerhin stehen wir noch ganz am Anfang unserer Reise.

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In diesem Sinne vielen Dank für eure Aufmerksamkeit, für Fragen und Anregungen habe ich stets ein offenes Ohr -auf allen euch bekannten Kanälen.

Euer Ollewah

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